Ameisen sind faszinierende Insekten. Ihr soziales Verhalten ist legendär. Ihre Kraft und Zähigkeit auch. Lange dachte man, dass Ameisen hart genug sind, allen Widrigkeiten zu trotzen. Nun, Kraft haben sie immer noch. Aber was ihre Zähigkeit betrifft, damit sieht es wahrscheinlich all so gut. Ach wenn wir uns immer noch über Ameisen in der Wohnung ärgern: Fakt ist, dass 92% der in Deutschland heimischen Arten im Rückgang begriffen sind.
Der Artenschutzreport des Bundesamtes für Naturschutz fasst die ganze Dramatik in nüchterne Zahlen: Die Bestände von 99 der heimischen 108 Ameisenarten schrumpfen. 56 Arten gelten inzwischen als in ihrem Bestand bedroht und 1 Art gilt hierzulande bereits als ausgestorben.
Gründe für den Rückgang der Ameisen
Besonders bedroht sind die Arten des Offenlandes. Also die Arten der Wiesen und Weiden. Hier sind die Lebensräume seit 1990 um 80 % vernichtet wurden. Ameisen brauchen gut besonnte, trockene Flächen mit niedriger Pflanzendecke. Habitate, die immer seltener werden. Entweder sind diese Flächen zu Ackerland verwandelt, aufgeforstet wurden oder durch Nutzungsaufgabe zu gewuchert.
Brachflächen gibt es kaum noch. Für den Anbau von Mais kamen die letzten Refugien der Artenvielfalt in landwirtschaftlich geprägten Regionen unter den Pflug. Jeder Quadratmeter Ackerboden ist – dank einer völlig verfehlten Subventionspolitik – inzwischen pures Gold wert. Und so machen Landwirte auch vor Wegrainen und Feldwegen nicht mehr halt. Alles was zum Maisanbau taugt, wird umgepflügt: Wegraine, Feldwege, Wiesen und Weiden. Das wenig verbliebene Grünland ist als Lebensraum für Ameisen längst verloren: durch Dauernutzung und intensive Bewirtschaftung (Düngung) ist es für Ameisen praktisch nicht mehr nutzbar. Durch den Einsatz von Stickstoffen werden die Pflanzenbestände viel zu dicht. Hinzukommt, dass auch hier die massenhafte Verwendung von Pestiziden ganze Völker ausrottet.
Durch das Abdriften von Düngemitteln in benachbarte Wiesen und Moore verändern sich auch hier die Dichte der Vegetation. Offene und warme Bodenflächen werden immer seltener. Und auch in den Wäldern sieht es nicht besser aus: Lichte, warme Wälder sind Mangelware. Totholz verbleibt kaum noch im Wald. Kaminbesitzer bezahlen inzwischen gutes Geld für lauschiges Schöner – Wohnen – Feeling. Hinzukommt, dass auch Waldlichtungen und Waldwiesen aufgeforstet werden. Meist nachdem sie vorher ungenutzt verbuscht sind. Kahlschläge würden Lebensräume bieten, sind aber aktuell eher ein Tabuthema.
Ameisen brauchen unseren Schutz
Ameisen besiedeln viele Lebensräume. Sie kommen sowohl im Garten, als auch im Wald und im Offenland (Feld, Wiesen, Brachflächen) vor. Ameisen benötigen keine riesigen Schutzgebiete. Ihnen kann auch schon auf relativ kleinen Flächen geholfen werden. Aus diesem Grund ist es auch relativ leicht, Lebensräume für Ameisen zu schaffen. Ein anderer Weg ist auch gar nicht möglich!
- Wie viele andere Insektenarten auch, profitieren von einer naturverträglichen Bewirtschaftung durch Land – und Forstwirte. Es sollte selbstverständlich sein, dass wir pestizidfreie Flächen benötigen und Bereiche, in denen die Nutzung eben auch mal ruht. Brachestreifen mit einer ein, bis zwei jährigen Nutzungsaufgabe gehören zu diesen Maßnahmen hinzu.
- Auch im Wald lassen sich Maßnahmen umsetzen. Vor allem Totholz muss im Wald wieder häufiger werden. Der Faktor Zeit ist aber gerade bei Totholz ein Problem: Damit Ameisen es besiedeln können, muss es mindestens 20 – 30 alt sein, bevor Ameisen es besiedeln. Alte Eichenwälder sind ein Segen für Ameisen, aber eben auch furchtbar selten.
- Streuobstwiesen sind wertvolle Lebensräume für Vögel, die direkt auf Ameisen angewiesen sind. Auch hier gilt, dass eine naturverträgliche Nutzung und angepasste Mahd ein wichtiger Baustein im Kampf gegen der Verlust der Ameisenvielfalt ist.
- Die Möglichkeiten sind vielfältig. Auch im Garten kann Ameisen geholfen werden. Noch immer finden Sie im Internet dutzende von Seiten und Foreneinträge, die sich mit der Vernichtung von Ameisen im Garten befassen. Warum sollten aber Ameisen im Garten kein Bleibereicht besitzen? Machen Sie um Ameisenburgen auf dem Rasen einen Bogen. Leben und leben lassen. Möglicherweise können Sie ja bald eine Grünspecht beobachten, der sich an den Eiern der Ameisen gütlich tut.
Ameisen – wichtig im Ökosystem und für den Vogelschutz!
Ameisen spielen im Ökosystem eine wichtige Rolle. Angepasst in ihre ökologische Nische, erfüllen sie unterschiedlichste Aufgaben. Bodenlebende Ameisen haben für die Lockerung des Bodens eine große Bedeutung. Durch ihre Aktivitäten helfen Ameisen auch dabei mit, Samen von Pflanzen zu verbreiten.
Ameisen dienen anderen Tieren als Wirte oder Nahrung. So hängt die Existenz mancher Bläulinge direkt von dem Vorkommen spezieller Ameisenart ab. Für Schmetterlinge wie den Wiesenknopf – Bläuling – eine europaweit gefährdete Schmetterlingsart – können Schutzmaßnahmen nur dann greifen, wenn gleichzeitig die Ameisenarten geschützt werden, von denen ihre Entwicklung abhängt.
Für den Vogelschutz sind Vorkommen von Wiesenameisen ein wichtiger Bestandteil ihrer Nahrung. Arten wie Grünspecht oder Wendehals sind direkt auf die eiweißreiche Kost der Ameisenpuppen angewiesen. Schneller als mit der Plünderung eines Ameisennestes kann man keine proteinreiche Kost beschaffen. Wendehälse verlassen ihre Brutgebiete, wenn nicht ausreichend Ameisennester vorhanden sind. Rebhühner füttern ihren Jungen bevorzugt Ameisenpuppen, dort wo diese durch die Landwirtschaft vernichtet wurden, verschwinden auch die Rebhühner.
Ameisenvielfalt erhalten
Ob es uns gelingt, die Vielfalt der Ameisenarten zu bewahren, hängt einzig von uns ab. Nur mit dem Schutz und der Renaturierung von Lebensräumen wird uns das gelingen. Ein Mosaik verschiedener Lebensräume muss dabei das Ziel sein. Wie immer haben wir es in der Hand. Nutzen wir unsere Möglichkeiten?