Bisher wurde die Auswirkung von Windrädern auf Mäusebussarde kaum beachtet. Die PROGRESS – Studie könnte dies nun ändern. In Deutschland brüten knapp 100.000 Brutpaare des Mäusebussards. Schaut man sich an, wie sich die Bestände in Deutschland entwickelt haben, dann lassen sich durchaus Parallelen zwischen der Energiewende und Bestandseinbrüchen ab 2006 feststellen. Wird der Mäusebussard zum nächsten Verlierer der Energiewende? Der Bussard ist wie viele andere Vogelarten der Agrarlandschaften auch, durch eine Vielzahl von Faktoren in Gefahr geraten: durch die Erweiterung des Maisanbaues, den Rückgang von Brachflächen und Grünland. Und eben auch durch Windmühlen.
Die PROGRESS – Studie: Windkraft und Vogelschutz
Eine neue wissenschaftliche Studie – die PROGRESS Studie – befasst sich mit den Auswirkungen der Windräder auf Vogelbestände. Ziel der Studie ist es, genaue Aussagen über die Auswirkungen von Windrädern auf Vögel geben zu können: wie groß muss der Abstand zu Brutgebieten sein, wie werden Zug – und Wanderkorridore beeinflusst. Insgesamt drei Jahre lang wurde an der Studie gearbeitet. Und die Ergebnisse sorgen bereits vor der Veröffentlichung für Furore. Denn bei Genehmigungsverfahren für Windkraftanlagen wird diese Frage entscheidend sein: Verschlechtert sich der Erhaltungszustand einer Vogelpopulation im Planungsgebiet?
So umfangreich wie hier wurde noch nie geforscht: 55 Windparks in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg mit über 500 Windrädern wurden innerhalb von 12 Wochen regelmäßig abgelaufen. Mehr als 7.500 Kilometer wurden dabei zu Fuß zurückgelegt. Aber nicht nur die Suche und Zählung nach Windschlagopfer war Teil der PROGRESS – Studie, mit Experimenten wurde erforscht, wie lange ein Vogel tot am Boden liegen bleibt, bevor Aasfresser sie wegschleppen. Sehr Aufwendig wurde auch überprüft, wie viele Vögel durch die Erfasser eventuell übersehen wurden.
Mäusebussard – Im Fokus der PROGRESS Studie
Der Mäusebussard ist dabei den Fokus der Untersuchungen geraten. Die Wissenschaftler kommen zu einem ungeheuerlichen Ergebnis: In Norddeutschland werden pro Jahr und Windrad 0,48 Mäusebussarde erschlagen. Für Deutschland mit seinen inzwischen 26.000 Windrädern, muss also mit mehr als 12.000 getöteten Mäusebussarden pro Jahr gerechnet werden.
Dies hätte verheerende Auswirkungen auf den Bestand der Mäusebussarde. Denn obwohl der Mäusebussard zu unseren häufigeren Greifvögeln zählt, sind bereits jetzt in Gebieten mit vielen Windrädern weniger Mäusebussarde unterwegs. Der Bestand sinkt. Besonders gut lässt sich dies in Schleswig – Holstein beobachten, wo Windräder inzwischen die Landschaft dominieren. Hier ist der Bestand bereits um 70% eingebrochen.
Dr. Oliver Krüger, Professor für Verhaltensforschung an der Uni Bielefeld, hat an der PROGRESS Studie mitgearbeitet. Im Interview mit dem FALKEN unterstrich er die Gefahr, die von Windrädern auf den Mäusebussard ausgehen: „Wir haben hier eine potenziell bestandsgefährdende Entwicklung“, so Krüger. Die hohen Fundzahlen, auch im Vergleich zum Rotmilan, lassen keinen anderen Schluss zu.
PROGRESS und nun?
Die Energiewende ist eine politische Kopfgeburt. So oder so wird die PROGRESS Studie also für politischen Zündstoff sorgen. Lassen sich höhere Mindestabstände zu Brutvorkommen und effektive Ausgleichsmaßnahmen durchsetzen? Schon jetzt drehen sich 26.000 Windmühlen in Deutschland. Und es sollen noch viel mehr werden.
Und auch von Seiten der Windradlobby in der Wirtschaft ist Widerstand zu erwarten. Schließlich geht es um viel Geld. Warten wir es ab, wie es weiter geht. Fakt ist: Aus Sicht des Vogelschutzes ist ein weiterer flächenmäßiger Ausbau der Windenergie nicht mehr länger hinnehmbar. Oder nur unter knallharten Bedingungen, die weitere Bedrohungen unserer Vogelwelt ausschließen. Zu diesen Bedingungen könnte gehören, dass als Ausgleich für die Errichtung von Windrädern, neue Lebensräume für den Mäusebussard in Form von Brachflächen oder Grünland geschaffen werden müssen.
Das komplette Interview mit Dr. Oliver Krüger im Falken, können Sie hier nachlesen.