Starenwolken – Chaos mit System?

Wundersame Wolkengebilde sind vielerorts im Herbst am Himmel zu beobachten. Die spektakuläre Flugshow wird von tausenden von Staren veranstaltet. Mit rasanten Flugmanövern verzaubern sie nicht nur Vogelfreunde. Doch was ist das Geheimnis der Starenwolke?

Starenwolke am Abendhimmel. Chaos oder mit System?
Eine Wolke aus tausenden Staren | | Flickr Autor Donald MacauleyCC 2.0 Lizenz

Was haben Heringe und Stare gemeinsam? Auf den ersten Blick natürlich nichts. Die Gemeinsamkeiten werden aber sichtbar, wenn Stare sich auf den Weg in ihre Winterquartiere machen. In riesigen Schwärmen vereint, nutzen sie die gleichen Vorteile um vor Feinden sicher zu sein, wie Heringsschwärme. Denn je dichter der Schwarm, desto schwerer für Fressfeinde einen von ihnen zu ergattern.

Stare gehören zu unseren häufigsten Vögeln | Quelle: Pixabay.com
Stare gehören zu unseren häufigsten Vögeln | Quelle: Pixabay.com

Wenn Anfang September die Stare sich für ihre Reise sammeln, kommen schnell etliche Hundert Vögel zusammen. Nahezu synchron „zaubern“ die Stare wundersame Wolkengebilde in den Himmel. Doch wie schaffen es die Stare, bei ihren rasanten Flugmanövern, die Orientierung zu behalten? Wie verhindern sie, dass sie zusammenstoßen und ein heilloses Durcheinander ausbricht?

Ornithologen versuchen nun nach und nach dem Geheimnis der Starenwolken zu enträtseln. Besonders interessant erscheint natürlich die Frage, welcher Vogel im Schwarm die Flugrichtung in der Wolke bestimmt und wie die schnellen Richtungswechsel von den Vögeln koordiniert werden.

Im Gegensatz zu Kranichen oder Gänsen gibt bei Staren kein einzelner Vogel den Ton an. Das würde bei den riesigen Schwärmen und kleinen Vögeln so auch gar nicht funktionieren. Jeder Vogel im Schwarm orientiert sich ausschließlich an ihren fünf, sechs Nachbarn, die direkt neben ihnen fliegen. Was die machen, macht der „Beobachter“ eben mit. Blitzschnell können so Wendungen mitgeflogen werden.

Für die Stare bietet die Reise in der Wolke große Vorteile. Der wichtigste: Fressfeinde haben nur geringe Chancen, einen von ihnen zu ergattern. Zu dicht der Pulk, zu schnell die Richtungswechsel.

Einzeln ziehende Stare wären für Habicht, Sperber und Wanderfalken eine leichte Beute. Und selbst kleine lockere Gruppen wären kaum sicher vor ihren Fressfeinden. Völlig anders sieht natürlich die Situation im Schwarm aus.

In der dichten Wolke fällt es Greifvögeln schwer, einen Vogel auszumachen und direkt anzugreifen. Zumal die Stare bei einem Angriff so dicht nebeneinander fliegen, dass es für die Greifvögel völlig unmöglich ist, auch nur einen Flügelschlag zu machen. Wie der Ornithologe Peter Berthold von der Vogelwarte Radolfzell berichtet, fällt der Angreifer förmlich aus der Wolke wieder heraus.

Stare, die in der Mitte der Wolke fliegen, sind am wenigsten durch die Attacken der Greife bedroht. Wenn es einen ihrer Artgenossen trifft, dann eher einem am Rand.

Dan Parkinson von der Königlichen Gesellschaft für Vogelschutz geht bei seinen Untersuchungen von Starenschwärmen der Frage nach, warum Stare am Rand der Wolke immer wieder versuchen, ins Zentrum der Wolke zu gelangen.

Klar ist, dass Vögel im Zentrum des Schwarms sicherer vor Fressfeinden sind. Ein Grund, diesen „Sonnenplatz“zu ergattern. Aber sie erscheinen auch fitter zu sein. Dan Parkinson vermutet, dass die Vögel im Zentrum die besten Nahrungsgründe kennen. Ein wirklich wichtiger Grund, diese Vögel als Nachbarn zu haben.

Die lebende Wolke aus tausenden Staren sieht nicht nur spektakulär aus. Für die Vögel selbst bietet sie riesige Vorteile zu Überleben. Im Schwarm ist der einzelne Star vor Fressfeinden besser geschützt und das Auffinden von Futter wird leichter. Vorausgesetzt, man hat den richtigen Nachbarn. Und das ist oft gar nicht so einfach.

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