Für gewöhnlich verbringen unsere einheimischen Mehlschwalben den Winter in Afrika, südlich der Sahara. Wenn sie dann im März, April zu uns zurückkommen, startet die Brutsaison. Dieser Ablauf liegt allen Mehlschwalben sozusagen im Blut und wiederholt sich Jahr für Jahr.
Ein Schwalbenpärchen scheint aber einen neuen Weg austesten zu wollen. Statt den Winter in Afrika zu verbringen, ist das Paar in Spanien geblieben und hat dort mit dem Brüten begonnen. Vogelschützer berichten, dass das Paar inzwischen Junge hat, die es erfolgreich füttert.
In letzter Zeit häufen sich die Beobachtungen von Vögel, die sich neue Winterquartiere, oft in der Nähe ihrer Winterquartiere suchen: Weißstörche bleiben lieber auf spanischen Müllkippen (wir haben darüber berichtet); Mönchsgrasmücken zieht es ins südliche England. Nun, sich woanders ein Quartier zu suchen ist sicherlich das eine, aber gleich mit einem neuen Brutverhalten zu beginnen, hat eine neue Dimension.
Die größte Herausforderung, vor das Mehlschwalben – Pärchen steht, ist sicherlich, ihre Jungen bis zum Frühling flügge zu bekommen. Und dann davon zu überzeugen, ins eigentliche Brutgebiet aufzubrechen. Wenn sie es schaffen, steht die Frage im Raum, ob sich andere Mehlschwalben dieses Verhalten abschauen und nachahmen.
Sollte sich das Verhalten des Mehlschwalbenpaares als nützlich für die Erhaltung der Art erweisen, könnte es durchaus möglich sein, dass sich das Verhalten aller Mehlschwalben verändert. So geschehen nämlich bei den Mönchsgrasmücken. Hier waren es Anfangs nur einzelne Exemplare, die vor ca. 30 Jahren damit begannen, in England zu überwintern. Inzwischen hat sich dieses Verhalten komplett vererbt.
Nahrungknappheit und fehlende Brutmöglichkeiten in Mitteleuropa – Brüten bald noch mehr Mehlschwalben in Spanien?
Was genau dazu führte, dass das Mehlschwalbenpärchen seine Jungen im spanischen Winterquartier aufzieht, lässt sich sicher noch nicht abschließend sagen. Möglicherweise eine absolute Ausnahmen, vielleicht aber auch eine erste Reaktion und Anpassung auf die schlechten Bedingungen in ihrem eigentlichen Brutgebiet.
Der Rückgang an Nahrung, aber auch der Fehlen von Baumaterial könnten hier eine Rolle spielen. (siehe unseren Beitrag: Zubetonierte Dörfer – Der Rückgang der Schwalben ist hausgemacht). Aber auch erste Auswirkungen des Klimawandels sind nicht von der Hand zu weisen. Ein Faktor könnte natürlich auch sein, dass immer mehr Schwalbennester illegal entfernt werden. Leider wissen immer noch nicht alle Hausbesitzer, dass das Entfernen von Schwalbennestern eine strafbare Handlung ist. Gerade Mehlschwalben, die ihre Nester von außen an die Fassaden bauen, vielleicht ein Grund, zukünftig in Spanien ihre Jungen aufzuziehen.